Impfpflicht, pro oder kontra?

„Das war eine bemerkenswerte Veranstaltung“, wie es der Siegener Architekt Christan Welter, selbst kein Parteimitglied, anerkennend feststellte. Die einzige kontroverse Diskussion zum Thema Impflicht im Kreisgebiet überhaupt fand jetzt im Haus der Siegerländer Wirtschaft statt. Im Rahmen des Landtagswahlkampfes haben die beiden Kandidaten Andreas Weigel und Carsten Weiand unter dem Titel „Wortwechsel“ ein großes Podium in einer öffentlichen Veranstaltung zusammengebracht. Den heimischen Kandidaten war es ein Anliegen diese Veranstaltung in Präsenz durchzuführen, auch wenn hierfür aktuell zwingend die 3G-Regeln und Maskenpflicht einzuhalten waren. Die beiden Bundestagsabgeordneten Katrin Helling-Plahr (Impfpflichtbefürworterin und Mitinitiatorin des dahingehenden Gesetzentwurfs im Bundestag) und Katja Adler (gegen eine Impfpflicht, Unterstützerin des sogenannten Kubicki-Antrags) vertraten überzeugend die beiden gegensätzlichen Meinungen – und spiegeln auch gut das Stimmungsbild in der Partei wider. Eine besondere organisatorische Herausforderung stellte die Tatsache dar, dass Katrin Helling-Plahr drei Stunden vor der Veranstaltung die Information erhielt, dass eines ihrer Kinder positiv auf Corona getestet wurde. Natürlich konnte Sie mit dieser Nachricht nicht in Präsenz an der Diskussion teilnehmen, die digital erprobten Liberalen ermöglichten aber die Teilnahme via Videokonferenz. Das Podium wurde durch die Experten Prof. Dr. Christian Tanislav, Ärztlicher Direktor im Diakonie Klinikum Jung-Stilling, den Soziologen Prof. Dr. Stefan Kutzner, Professor für Allgemeine Soziologie an der Universität Siegen und Dr. Florian Schell, Fachanwalt für Verwaltungsrecht aus der Siegener Kanzlei Schleifenbaum & Adler komplettiert. Die Experten ergänzten sich – auch in gegensätzlichen Meinungen – perfekt und beleuchteten das Thema aus den unterschiedlichen Blickwinkeln.


Spannende Kontroverse unter Freunden diskutiert
Die Liberalen zeigten, wie man bei dem kontroversen Thema Impfpflicht friedlich und kollegial diskutieren kann. Die Probeabstimmung zeigte, dass sich Impfpflichtgegner und Befürworter im Saal wirklich die Waage hielten. Kreisvorsitzender Peter Hanke (Befürworter einer Impfpflicht) und Fraktionschef Guido Müller (erklärter Gegner) zeigen entspannt, wie man unterschiedliche Meinungen miteinander in aller Freundschaft aushalten kann.
Vielleicht eine Blaupause für die große Politik? Rechtsanwalt Dr. Schell stellt klar, dass der Bundestag gemäß Grundgesetz, durch eine entsprechende Gesetzgebung, zur körperlichen Unversehrtheit verfassungsgemäß eingreifen darf. Die Abgeordnete Katja Adler fragte nach, wie es mit der Verhältnismäßigkeit aussehe, denn viele Wissenschaftler gehen bei den nächsten Virusvarianten von milden Verläufen aus. Katrin Helling-Plahr wiederum verwies allerdings darauf, dass auch genau das Gegenteil eintreffen kann und Delta- und Omikron-Variante gemeinsam eine neue aggressive Variante bilden könnten. Prof. Dr. Kutzner appellierte nachdrücklich, dass Politik mehr ist, als nur Paragraphen und medizinische Bewertungen und genau das macht die Kontroverse spannend und oft unklar. Natürlich spielen medizinische und wissenschaftliche Fakten eine Rolle. Aber klar ist eben auch, dass die Impfstoffe Impfdurchbrüche zulassen. Fast alle Teilnehmenden der Diskussion gaben sich bei einer Abstimmung überzeugt, für sich mit der Impfung richtig gehandelt zu haben, aber das Thema Impfrisiken wurde von den Gästen auch thematisiert. Pflegekräfte und Ärzte widersprachen der Bewertung, dass die Coronaauswirkungen risikolos sind. Es bleibt eine individuelle Abschätzung. Unklar ist, ob sich im Bundestag eine Mehrheit für eine Impfpflicht finden wird. Prof. Kutzner wies darauf hin, dass Italien schon überlegt, die gerade erst eingeführte Impfpflicht wieder abzuschaffen.

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